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Island – klassische Rundreise mit Dachzelt

1. Oktober 2020

Die Insel stand schon ewig auf der Wunschliste und ausnahmsweise hat Werbung mal funktioniert bei mir. „Iceland is open again“ oder so ähnlich titelte Iceland Air Ende Mai und schwups war ein Flug für Anfang September gebucht. Wochen später dann noch einen Dacia Duster mit Dachzelt dazu weil das ist ja eine ganz tolle Sache, sich die Kosten für die Unterkunft zu sparen. Ja klar – Dachzelt. Island. Insel. September. Wind. Regen. Bedingt tolle Sache sollte ich merken aber jedenfalls gibt’s hier Island in Fotos & Videos 🙂

Aber passt zu der ganzen Reise – komplett ahnungslos ohne Plan nach 3,5 Stunden Flug in Keflavik angekommen. Unsinnig Geld gewechselt (es geht wirklich fast alles und überall mit Kreditkarte auf Island), den Allradflitzer abgeholt und überlegt wie’s weitergeht. Gegen den Uhrzeigersinn um die Insel stand bald fest, Google wusste einen Campingplatz. An der berühmten blauen Lagune vorbei, die knapp 70 € Eintritt gespart und für 10 € Premiere mit Dachzelt auf dem Campingplatz in Grindavik. Krasse Vulkanlandschaft, erste fauchende Wasserdampfsäulen von kleineren Geothermieanlagen, plötzlich grüner Golfplatz. Golf ist quasi Volkssport, 65 Plätze gibt es weiß das Internet und der echte Isländer und die Isländerin spielt auch bei Sturm, Regen und knapp über 0°. Zurück zum Campingplatz – top in Schuss, saubere und warme sanitäre Anlagen, Gemeinschaftsküche mit allem drum und dran – das passt echt prima auf der sonst teuren Insel.

Wahrzeichen Islands: Vulkane

Tag 2: Da war doch was mit Vulkan? Ach bin ich froh keinen Videoblog zu machen, isländisch gehört nun nicht zu den ganz einfachen Sprachen. Also ja, der Fagradalsfjall war immer noch aktiv und mal Lava in echt mit allem drum und dran hätte doch was! Also nach dem Frühstück an der Ostküste Richtung Norden. Die findigen Isländer wissen schon ihren Vulkanismus zu verkaufen – kaum spuckt es irgendwo einigermaßen zugänglich wird ein Parkplatz angelegt, zwei Dixiklos dazu und hier sogar noch eine Infohütte mit Ranger*in. Man solle bei Wanderungen möglichst auf den Bergkämmen bleiben weil die giftigen Gase sich in den Tälern sammeln könnten – ahhh jaaa. Ein wenig noch dampfende aber weitgehend erkaltete Lava gab’s zu sehen – gegen mehr hatten tiefe, dichte Wolken was. Wer da was sehen möchte – werft einen Blick auf die Homepage von Thomas Spinner (https://abenteuer-vulkan.de), der war hartnäckiger als ich und hat tolle Bilder und Videos mitgebracht.

Wahrzeichen Islands: Geysire

Tag 3: Der große Geysir, Namensgeber für alle seiner Art, ist seit eniger Zeit still aber direkt daneben versorgt der Strokkur zuverlässig alle rund zehn Minuten die Schaulustigen mit einer rund 30 Meter hohen Wassersäule. Das Wetter war nicht allzu fotofreundlich, das ganze Gebiet ist aber bei jedem Wetter beeindruckend – überall dampft und blubbert es aus heißen Quellen. Sternenhimmel oder gar Polarlicht über einem Geysir muss halt noch warten 😉

Wenn dir das Wetter nicht gefällt – warte 5 Minuten!

So sagt man auf Island – generell ist das Wetter auf Inseln ja oft eine schnelllebige Sache aber hier hat man von Badehose bis regenfeste Winterklamotten am besten alles immer griffbereit. War die erste Nacht noch harmloser Nieselregen bei leichter Brise und die zweite weg vom Meer Viersterne-Wellness, wurd’s richtig ungemütlich. Nachts angekommen, schon ordentlich Wind aber man parkt ja nicht schräg über mehrere Parkbuchten um in WIndrichtung zu stehen (doch!!). Einigermaßen „trocken“ reingekommen aber der Regen wurde stärker, der Wind zum Sturm. Dass das Teil nicht umfällt war mit so einigermaßen klar aber das Gewackel und der Krach war heftig und dicht war das Zelt bei dem Wasserdruck natürlich auch nicht. Also nach 10 mal hin und her überlegen raus und versucht das Dachzelt zu schließen. Auf der einen Seite des Autos null Regen – dank Sturm „fiel“ der waagerecht – auf der anderen, naja ihr könnt es euch denken. Mit 5 Minuen war es nicht getan, alles nass und die Stimmung auf dem Nullpunkt. Aber am nächsten Tag – Geltscherlagune bei blauem Himmel und Sonnenschein:

Tag 4: Gletschersee Jökulsárlón & Diamond Beach

Wenn man den berühmten Diamond Beach unberührt erleben und ein paar der Diamanten fotografieren möchte, muss man früh aufstehen – naja, ich war eh schon dort und schlafen war ja nicht so angesagt 😉
Ein wenig trügerische Idylle – die Gletscherzunge des Vatnajökull reichet Ende des 19. Jahrhunderts noch fast bis ans Meer, jetzt ist auf den 3 Kilometer Platz für einen riesigen Gletschersee und mit über 280 Meter der tiefste der ganzen Insel. Offenbar kommen immer mal wieder Leute auf die Idee zu baden und zig Schilder warnen vor der Erfrierungsgefahr innerhalb weniger Minuten. Ja, Eis ist kalt. Natürlcih darf bei der Gelegenhiet nicht unerwähnt bleiben, dass der See u. a. Drehort für den Bond-Streifen „Stirb an einem anderen Tag“ war – dafür wurde der Abfluss ins Meer extra verschlossen. Nach ein paar Stunden „Durchzug“ im Dachzelt und Sonne änderte sich der Zustand immerhin von „triefnass“ zu nur noch „feucht“ …

Kurzausflug ins Hochland

40.000 km² weitgehend unberühtes Land. Keine Ortschaften. Fast unbewohnt. Kaum Vegitation. Keine Asphaltstraßen. Kaum Brücken. Gletscher. Heiße Quellen. Rauh. Islands Hochland.
Während die Ringstraße perfekt ausgebaut ist und die größten „Herausforderung“ die meist einspurigen Brücken und ein paar „Gravelroads“ auf Nebenstrecken sind, ist auf den F-Roads des Hochlands Allradpflicht und sie sind für halbwegs normale Autos nur im Sommer befahrbar. Erst mal nur ein kurzer Ausflug – in die lange Nord-Süd Verbindung, die „berühmte“ Sprengisandur reingeschnuppert und dann irgendwie über was für Straßen auch immer durch etliche Furten wieder runter an die Ostküste. Die Ruhe um eine Furt mal lässig mit der Drohne zu begleiten hatte ich allerdings nicht wirklich 😉

Zu den Fjorden im Nord-Osten

Kurzbesuch in Höfn und weiter die Ostküste gen Norden mit Übernachtung im 400 Einwohner Örtchen Djúpivogur. Am nächsten Tag weiter immer die Ringstraße entlang. Die Besiedlung wird dünner, nimmt man dort eine Abzweigung ist man schnell komplett für sich.

Nicht so richtig Wahrzeichen: Schrott & Wracks

Klingt negativ aber zumindest liegt kein Haushaltsmüll oder Altreifen in der Gegend rum aber Isländer haben möglicherweise ein etwas anderes Verhältnis zu alten Dingen aus Metall und aus drei Schrottteilen wird offenbar schnell ein Museum 😉
So manches wird zum touristischen Hotspot oder geheimen Lost Place und Anziehungspunkt für Fotograf*innen. Am bekanntesten sicher die Militärversion einer DC-3 am Lavastrand von Sólheimasandur in Reichweite des Golden Circle. Spätestens nachdem Justin Bieber das Wrack als Kulisse für ein Musikvideo verwendet hat, eine weltweite Berühmtheit. Der Ansturm wurde dem Besitzer des Grundstücks irgendwann zu viel und der Zugang ist nur noch nach Fußmarsch möglich. Da „zu Tode fotografiert“ hab ich das Wrack rechts liegen lassen (dennoch hier díe Story dazu), in weniger als zwei Wochen kann man ja auch nicht alles mitnehmen. Auf dem Weg lag ganz im Norden ja auch eine weitere DC-3 bei Þórshöfn – die Maschine der US-Navy (letztes Bild der Galerie) ist 1969 beim Start abgestürzt und die Reste verwittern auch hier auf einem Privatgrundstück.

Eine interessante Geschichte hat das Schiffswrack der Garðar BA 64 (so zumindest die letzte Bezeichnung) in den Westfjorden (Skápadalur). 1912 in Norwegen gebaut konnte es sowohl mit Segeln als auch mit einer Dampfmaschine betrieben werden. Als Walfänger konzipiert landete es nach diversen Stationen landete es nach dem 2. Weltkrieg in Island und wurde mit Dieselmaschineen aufgerüstet – 1981 wurde es schließlich ausgemustert und nicht versenkt sondern im Fjord Patreksfjörður an land geschleppt und seinem Schicksal überlassen.
Zu Beginn noch mit knallrotem Rumpf und strahlend weißen Aufbauten ist es inzwischen nur noch mit gewissem Abstand fotogen. Statt schnell noch das gedachte Bild mit perfekter Spiegelung zu machen hab ich mich mit einem niederländischen Fotografen verquatscht und wir konnten uns dann gemeinsam über die beiden Insta-Juppies „aufregen“, die einen auf Titanic gemacht haben und zwei Akkus leergeflogen sind befor sie ihre Karre, die sie als Leiter benutzt haben, wieder weggefahren habe. Die Windstille haben sie gleich mitgenommen …

Insta-Yuppis die über eine halbe Stunde das Wrack „blockiert“ haben

Islands Wahrzeichen: Wasserfälle

In allen Größen und Formen – das anfängliche Boah und Staunen weicht angesichts der schieren Menge schnell einem „ach, schon wieder ein Wasserfall“ aber sie haben alle ihren speziellen Reiz nur fotografisch brauchen sie meist das passende Wetter und Licht (wie eigentlich alle Landschaften) – ein wenig Planung ist hier im Vergleich zum schnellen Schnappschuss beim vorbeifahren schon sinnvoll.

Fauna & Flora

Da ist September natürlich nicht so ganz optimal außer man ist großer Fan von Schafen, Pferden oder Cetraria islandica, immerhin von der Bryologisch-lichenologische Arbeitsgemeinschaft für Mitteleuropa zur Flechte des Jahres 2007 gekürt. Ansonsten zur Brutzeit ein Paradies für Vogelbeobachtung und auch Wale lassen sich per Bootsausflug recht sicher beobachten und mit Glück sogar vom Ufer aus in den Westfjorden. Da posierten für mich immerhin zwei Seehunde 🙂

Geothermiegebiete Námafjall & Leirhnjukur

Wer nach ein bisschen Dampf bei der blauen Lagune gedacht hat, Geothemie „erlebt“ zu haben wird seine Freunde an den Goethermiegebieten im Nordwesten des berühmten „Mückensees“ haben. Weshalb der so heißt ist unsschwer zu erkennen und ich hab tatsächlich jemand mit Imkermaske an der Tankstelle gesehen 😉
Man sieht es schon auf der Ringstraße von osten her kommend ordentlich dampfen und hat die Qual der Wahl ob geradeaus weiter oder rechts abbiegen wo Google doch auch „irgendwas“ anzeigt. Das erste was einem am Straßenrand irritiert ist eine Dusche. Da gibt’s 24 Stunden warmes Wasser 🙂

Dauerschauer und zwar warm 🙂

Kurz darauf erscheint Kröflustöð, das Krafla-Kraftwerk. Hier wird bereits seit 1977 die enorme Energie der Krafla-Vulkansystems angezapft. Der Zentralvulkan selbst hat eine Caldera von 10 km im Querschnitt, sein System erstreckt sich aber in Nord-Südrichtung aber über rund 100 km. In nur 3 km Tiefe befindet sich seine Magmakammer und auch wenn der Vulkan rund 200.000 Jahre alt ist, ist dort noch ganz schön was los. Die Aktivität behinderte auch die Inbetriebnahme des Kraftwerks das momentan mit zwei Dampfturbinen 60 MW Strom liefert.

Myvatn & Polarlichter

Landschaftlich eine absolut umwerfende Gegend wären da nicht die Mücken aber glücklicherweise nerven die nicht das ganze Jahr über. Ich hatte erstmal die Schnauze voll von Campingplatz und habe mir eine ordentliche Übernachtung mit richtigem Abendessen gegönnt. Hausgebeizter Lachs als Vorspeise und Lamm vom Nachbarhof. Nicht nach dem Preis fragen aber zum Nachtisch gab’s unverhofft noch Polarlichten obendrauf 🙂

Hochland die Zweite – Autofahren auf Island

Die F35 ist eine recht harmlose Hochlandstraße, zu Beginn geht’s locker mit 80 Sachen über die Piste. In Richtung Hveravellir wird’s etwas ruppiger und Autofahren ist auf Island halt einfach ein bisschen anders 😉 Und da merkt man, dass die Super-Jeeps mit riesen Reifen und Luftdruckregelanlage schon ihre Berechtigung haben:

Von den Schäfern, die ihre Herde über ein paar Tage ins Winterquartier geführt haben, habe ich drei zum Ausgangspunkt der Reise mitgenommen – lustige Sache 🙂 Weniger lustig als sie beim Blick auf eine Bergkette mit ein paar Schneeflecken erzählten, dass die vor 25 Jahren noch den ganzen Sommer über komplett mit Schnee und Eis bedeckt war. Klimawandel „live“ innerhalb von 25 Jahren und nicht aus Erzählungen vom Uropa – Island hat ja 2019 den Okjökull-Gletscher medienwirksam mit Gedankfeier und allem drum und dran beerdigt (siehe z.B. hier). Aber die AfD-Oberschwurblerin von Storch will der Sonne erklären, dass sie nicht so viel scheinen soll (kein Scherz, bei Jung & Naiv im Video)
Nachtquartier bei Hveravellir wo auch Hotpot-Premiere war – im heißen Wasser mit Blick auf Gletscher rumliegen während Leute in Winterklamotten vorbeilaufen hat definitiv was. Rechts läuft „kaltes“ Wasser rein, links mit Warnschild versehen 80° heißes und man kann sich per Sitzposition und mischen mit kräftigen Armbewegungen individuell gemütlich einrichten. Irgendwie konnte es nur ein Deutscher sein, der mit ’nem Infrarot-Thermometer um die Ecke kam und je nach vermessener Position zwischen 37 und 43° C vermeldete.

Kerlingarfjöll

Weiter ins Hochland hinein, zwischen zwei Gletschern durch, an einem Flugfeld (ohne Schild nicht als solches erkennbar ;-)) vorbei und dann links den Berg hoch oder so. Ein cooler Mountainhut der gerade umgebaut wurde und die Gegend ist definitiv eine Übernahctung wert. Geht’s noch krasser? Auf Island irgendwie immer „Ja!“ Leider war ich (zu) spät erst dort um mich fotomäßig auszutoben 😉

Westfjorde

Mal eben die Küste entlang kann man da sowas von vergessen, Wahnsinn was das für ein Geschlängel vom Meer rein und wieder raus und rein und raus und … ist. Spätestens in den Westfjorden sollte man die Tankanzeige gut im Blick halten – die Tankstellen sind rar. Grandiose Landschaften (schon wieder), touristisch kaum erschlossen, einsame Gravelroads, Lost Places, Hotpots, Wasserfälle. Die Westfjorde auszulassen gehört zu den größten Fehlern, die man auf Island machen kann!

Highlight die zwei laaangen Abende in einem Hotpot mit isländischen Sagen (praktischerweise hat sich einer der Isländer als Spieleentwickler gerade mit der Thematik auseinandergesetzt), Geschichten aus der Karibik, Israel und dazu Schwimmen im Meer nur weniger Meter vom Hotpot weg. Naja „Schwimmen“ ist jetzt wohl ein wenig hochgegriffe 😉

Ja, das ist Island und nicht die Karibik 😉

Abschied

Der viel dank dem Wetter wie zu Beginn nihct ganz so schwer 😉